Der Einsatz der deutschen Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee 1939-1945
Fast 50 Jahre hat es gedauert, bis ein junger deutscher Historiker sich daran gemacht hat , eine gründliche und auf den erhaltenen Quellen aller beteiligten Kommandobehörden und politischen sowie militärischen Entscheidungsträger aufbauende Untersuchung über den Einsatz der deutschen Luftwaffe über dem Atlantik und der Nordsee und über die mangelhafte Zusammenarbeit zwischen Luftwaffe und Kriegsmarine zu erarbeiten. Sicher hat es in vielen Veröffentlichungen über Operationen von Luftwaffe und Kriegsmarine, insbesondere im Zusammenhang mit den Einsätzen der schweren Einheiten und der U-Bootwaffe, kritische Äußerungen über die ungenügende Kooperation mit dem jeweils anderen Wehrmachtsteil gegeben. Als Beispiele seien Arbeiten von Gerhard Hümmelchen und von Holm Schellmann genannt. Auch wurde das Gesamtproblem in wichtigen Gesamtdarstellungen z.B. von Michael Salewski und Karl Gundelach angesprochen. Es bleibt jedoch das große Verdienst von Sönke Neitzel, die Geschichte des Einsatzes deutscher Luftstreitkräfte im Seegebiet um Großbritannien und in der Schlacht im Atlantik unvoreingenommen und gründlich untersucht zu haben. Sönke Neitzel leistet mit seinem Werk einen eminent wichtigen Beitrag zur noch fehlenden >>Geschichte der deutschen Luftwaffe<< Beginnend mit den divergierenden Planungen der Kriegsmarine und Luftwaffenführung vor dem Krieg, fortsetzend mit der Analyse der Auseinandersetzungen der beiden Oberbefehlshaber und klaren Entscheidungen oft ausweichendem militärischen Führungsstil Adolf Hitlers, wendet sich der Autor sodann den einzelnen Kriegsphasen zu. Detailliert werden die Probleme der Schiffsbekämpfung und des Luftminen-Einsatzes bis zum Ende des Frankreich-Feldzuges besprochen, die Gründe für das begrenze Ergebnis des Luftwaffeneinsatzes im Tonnagekrieg bis zum Beginn des Russland-Feldzuges und die sich dann daraus ergebenden Unzulänglichkeiten in der Unterstützung der U-Bootwaffe geschildert. Die unrealistischen Wunschvorstellungen von Luftwaffe und Kriegsmarine 1943 bis zum Beginn der Invasion und schließlich die wegen fehlender Rüstungs-, Betriebsstoff- und Ausbildungskapazitäten hoffnungslosen Versuche, noch eine Luftaufklärung für die neuen U-Boottypen – für die das >>zu spät<< geschrieben steht – auf die Beine zu stellen, werden packend, unparteiisch, den Leser nicht mehr >>loslassend<< dargelegt. Trotz der ungleichen Quellenlage – die Akten der Kriegsmarine haben den Krieg weitergehend überstanden, während die Akten der Luftwaffe zu einem großen Teil Vernichtet wurden uns soweit wie möglich aus anderen Beständen erschlossen werden mussten -, ist es dem Autor gelungen, die Entscheidungsprozesse nicht nur bei der Seekriegsleitung, sondern auch im Generalstab der Luftwaffe in den meisten Fällen zutreffend zu rekonstruieren. So bleibt die Darstellung von den vielfach abwertenden Äußerungen von Seiten der Kriegsmarine ohne Einfluss auf die objektive Gesamtdarstellung von Sönke Neitzel; seine Kritik an Fehlbeurteilungen und Fehlentscheidungen verfehlten oder unzulänglichen Einsätzen und daraus resultierenden Misserfolgen beider Seiten, ist überzeugend treffend. Das wird besonders deutlich, wenn die Überbeanspruchung der Luftwaffe durch die Anforderungen der vielen, weit voneinander entfernten Kriegsschauplätzen, die technischen Grenzen ihres Flugzeugmaterials, aber auch die oft hieraus mit resultierende mangelnde Ausbildung der Flugzeugbesatzungen für den Einsatz über See untersucht werden. Die persönlichen Eigenheiten, Schwächen und Voreingenommenheit der führenden Männer werden sehr klar herausgestellt, die – wie im Falle des Oberbefehlshaber der Luftwaffe – die Bildung um den Aufbau einer für den Einsatz über See, technisch von den Flugzeugtypen und personell von der Ausbildung her prädestinierten Luftstreitmacht verhindert haben, die der erste Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Raeder, auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur und seines Platzes in der nationalsozialistischen Führung zwar gefordert, nicht aber durchgesetzt hat. Und als sein Nachfolger, Dönitz, in einer allerdings völlig veränderten Situation dieser Probleme mit großer Energie bei Hitler persönlich anzugeben versuchte, da war es von den Grenzen der Rüstungs- und Personalkapazität her zu spät – sowohl für die Kriegsmarine als auch für die Luftwaffe. Die beiden hochtechnisierten Teilstreitkräften, Luftwaffe und Kriegsmarine, waren ihren Gegnern technisch hoffnungslos unterlegen; gerade diese beiden Wehrmachtsteile – beide in ihren Führungsspitzen noch zu sehr dem Kriegsbild Weltkrieg I verbunden - waren eigentlich zu keinem Zeitpunkt in der Lage, einen über Europa hinausgreifenden Krieg (Weltkrieg II) zu führen. Zu dieser Erkenntnis allerdings hätten Adolf Hitler, das OKW und die Oberbefehlshaber spätestens nach der verlorenen Luftschlacht über England (Sommer/Herbst 1940) kommen müssen! Auch das ist ein ganz besonderes Verdienst des Autors, seinen Leser zu diesen Schlussfolgerungen hingeführt zu haben. Das >>Glücksspiel<< Adolf Hitlers und die Rolle einer sachkundigeren Generalität/Admiralität werden von diesem fesselnden, um Gerechtigkeit bemühten Werk deutlich gemacht.
Letzte Chance!
Sichern Sie sich eines unserer letzten 3 Exemplare dieser lang vergriffenen Ausgabe zum Super-Sonderpreis von nur 29,80 Euro!!!
Language: | German |